Orpheus Oper International

Ausgabe 11/12 2008

Vorschau mit Hinweis auf die Biografie

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Orpheus - Opernzeitschrift

 

 

Fleißarbeit

Heft 1+2, Januar + Februar 2009

Rezension

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Anmerkungen zur Rezension von Rolf Fath in Orpheus 1+2/2009

 

Ich denke, dass der Rezensent nicht wusste, was über Kleiber wirklich bekannt war. So konnte er weder meine Informationen noch meine daraus gewonnenen Erkenntnisse wirklich einschätzen. Über Kleibers Kindheit, Jugend und früher Karriere etwa lagen Schleier, die allerlei Legenden, verzerrenden Anekdoten und Mutmaßungen Vorschub leisteten. Spekulationen und defizitäre Kenntnisse seiner persönlichen und künstlerischen Entwicklung, mangelndes Verständnis seines daraus resultierenden, für viele unverständlichen und oft gescholtenen Verhaltens begleiteten das Phänomen Kleiber immer. Auch das Rätselraten um Kleibers Rückzug und seine letzten Jahre lassen nicht vermuten, dass man nach der Lektüre des Buchs ernüchtert das Gefühl haben müsste, alles schon gewusst zu haben. Was aber soll ein solch vermeintliches, möglicherweise sich einstellendes Gefühl mit dem Rückzug Kleibers aus der Öffentlichkeit oder der Familie zu tun haben? Öffentlich geäußert hatte sich Kleiber eh nie, und über vieles hätten weder die Familie noch deren Archiv Aufschluss geben können.

Zudem muss nicht jede persönliche oder familiäre Information vermittelt oder ausgebreitet werden, die vielleicht Boulevard-Neugier befriedigen mag, aber für eine Biografie des Künstlers Kleiber nicht wirklich von Belang ist. Dass über Kleibers Frau gemäß ihrer Bedeutung recht viel zu erfahren ist, mag dem Rezensenten entgangen sein, und immerhin gehören zur Familie ja offenbar auch Vater und Mutter (und Schwester?), die in der Biografie natürlich eine ganz erhebliche und unerlässliche Rolle spielen. Das wahre Vater-Sohn-Verhältnis zu ergründen, war eine der spannendsten Erfahrungen während meiner Recherche.

Und die wäre ohne Opferbereitschaft und Akribie kaum denkbar gewesen. Immerhin existierten keine Veröffentlichungen, auf die ich hätte aufbauen können, keine Kleiber-Forschung, die sich hätte weiterführen lassen. Sicherlich habe ich nicht Jahr für Jahr die Aufführungen von Rosenkavalier und Fledermaus in München abgehandelt, allenfalls dies bei gewissen, aus unterschiedlichen Gründen besonders interessanten Aufführungen getan und ansonsten nur und gewiss nicht manisch kurz erwähnt, was und wo Kleiber in den Jahren dirigierte. Bekanntes oder unwichtig Erscheinendes zusammenzuklauben und nachrichtenhaft aneinanderzureihen zählt zudem nicht zu meinen Recherche- und Arbeitsmethoden.

Kleiber war eine singuläre Erscheinung in der Musikszene und verhielt sich anders als seine Kollegen. Die erwähnten Verhandlungen Kleibers sind insofern sehr aufschlussreich und offenbaren zuweilen auf amüsante, aber auch auf bedrückende Weise viel von seinem Wesen, seinen Eigenheiten, Anliegen und eben seinen Konflikten mit und seinen Vorbehalten gegenüber dem Genre überhaupt. Der eigentliche Gegenstand geht dabei keineswegs verloren. Dass dies durchaus reges Interesse weckt, davon zeugt die Leser-Resonanz. Die Freigabe des Heldenlebens etwa wäre hier zu nennen, die Kleiber kurz vor der Veröffentlichung zurückzog und damit viele Musikfreunde enttäuschte, die bis heute auf diese ­ übrigens nie auf dem grauen Markt erschienene ­ CD hoffen. Nicht nur sie bewegt angesichts Kleibers schmaler Diskographie die Frage der Mitschnitte. Warum ich stolz gewesen sein sollte, wenn ich die interessantesten erwähnte und woher der Rezensent das denn weiß, mag sein Geheimnis bleiben.

Das am Ende zitierte Selbstzeugnis Kleibers stammt übrigens nicht aus dem Jahr 2004, sondern von 1997. Ab 1999 bis zu seinem Tod 2004 dirigierte Kleiber nicht mehr. Der Rezensent kritisiert, die Schilderung der letzten Phase gerate zäh, weil sie sich mit nicht realisierten Projekte beschäftigte. Dass gerade dieser Abschnitt aber voller Dramatik und Tragik steckt, weit in persönliche und psychische Bereiche vordringt, hat der Rezensent im Gegensatz zu anderen wohl mehr an Dirigenten und Kleiber interessierten Leserinnen und Lesern wohl übersehen.