Unvergessen und nachhaltig

 

Anmerkungen zu Carlos Kleibers 80. Geburtstag

 

80 Jahre alt wäre Carlos Kleiber am 3. Juli 2010 geworden. Ein Geburtstag, der einmal mehr Anlass gab, den großen Dirigenten weltweit zu würdigen. Ob in der Presse, im Rundfunk oder im Fernsehen, die zahlreichen Beiträge zeugen davon, wie nachhaltig Kleibers Wirkung ist.

Insbesondere seit Erscheinen der von mir verfassten Biografie Ende 2007 hat sich viel bewegt. Erst diese umfassende Aufarbeitung von Kleibers Leben und Karriere ermöglichte vielfach eine weitaus differenziertere Berichterstattung. Zuvor blieb die Auseinandersetzung weitgehend redundant oder spekulativ.

Auch Filmprojekte kommen nun endlich in Gang, nachdem bereits einige Vorhaben in der Vergangenheit an rechtlichen Problemen gescheitert waren. Der Knackpunkt war stets, dass von Seiten der Erben, die seit Mitte der 70er-Jahre in Besitz der Senderechte an Filmausschnitten von Aufführungen Kleibers sind, keine Sendegenehmigungen erteilt wurden. Die erste Filmdokumentation, an der ich ebenfalls beteiligt war und die im Juli von ServusTV Salzburg ausgestrahlt wurde, beweist, dass ein Porträt Kleibers auch ohne dieses Material möglich ist.

Anlässlich des Geburtstags erschien im Juli eine broschierte Neuausgabe meiner Kleiber-Biografie. Der günstige Preis und das neugestaltete Cover mit einem Foto des jüngeren Kleiber kommen gewiss auch einem jüngeren Publikum entgegen. Darüber hinaus wurde der Text, wie bereits in der parallel weiterlaufenden zweiten Auflage der gebundenen Ausgabe, bearbeitet und aktualisiert. Ein weiterer Schritt also, um Kleiber einer noch größeren Zahl von Musikfreunden nahezubringen.

Juni/Juli 2010

Fazit

Mit einem gewissen Abstand zu Kleibers 80. Geburtstag bleibt das Fazit, dass ab Juni zwar tatsächlich eine ganze Menge, im Ganzen aber in den Medien kaum Erhellendes über Carlos Kleiber zu hören, zu lesen und zu sehen war. Manche renommierte Zeitungen, Zeitschriften und Sender verzichteten ganz auf eine Würdigung oder beschränkten sich auf eine Rezenzension der CD- und DVD-Edition der Deutschen Grammophon.  Immerhin machte die erste posthume Fernsehdokumentation positiv von sich reden. Die am häufigsten kursierende Schlagzeile war, dass die Bayerische Staatsoper einen Carlos-Kleiber-Preis ins Leben gerufen hat. Markant ist, wie viele junge Dirigentinnen und Dirigenten in Carlos Kleiber ihr Vorbild sehen, eine sehr erfreuliche Entwicklung.

Derzeit in Arbeit ist eine weitere Fernsehdokumentation, die wohl frühestens Ende des Jahres fertig wird. Wider Erwarten wenig Neues gab es auf dem Tonträgermarkt. Die zum 80. Geburtstag von vielen erhoffte erste offizielle Ausgabe des Münchner "Wozzek" steht noch aus. Ob weitere, von mir in meinem Buch oder auf meiner Homepage nicht erwähnte frühe Mitschnitte von Kleiber erhalten sind, ist vorerst weiter unklar. Während es sich bei der von mir entdeckten Aufzeichnung einer "Fledermaus" aus Genf in Fränzösisch um einen Rundfunkmitschnitt handelt, bleibt die Hoffnung, dass von Kleiber nachweislich in Düsseldorf und Stuttgart veranlasste Aufzeichnungen in seinem Privatarchiv überlebt haben.

September 2010