Carlos Kleiber Homepage - Alexander Werner
BR 4 Klassik 28. Februar 2008
Alexander Werner: Carlos Kleiber. Eine Biografie
Rezension: Dr. Dieter David Scholz
Siehe auch mp3 SWR 2
Anmerkung zur Rezension von Dieter David Scholz
Nun mögen Menschen so manche Aussage recht unterschiedlich einschätzen, von "Indiskretionen" oder gar "schmutziger Wäsche" zu reden, erscheint mir jedoch als kaum angemessen.
Aufs "Hörensagen" habe ich mich daneben keineswegs "vielleicht leichtfertig" verlassen, sondern Aussagen verglichen und hinterfragt. Ebenso denke ich, dass ich keineswegs "vielleicht" zu "wenig eigene, kritische Recherchen und Archivstudien" "getrieben" habe. Sicherlich gäbe und gibt es immer wieder Ergänzendes und Neues zu entdecken, was ich seit der Buchveröffentlichung immer wieder versuche.
Mit "einigen faktischen Fehlern" meinte der Rezensent offensichtlich einige bei einem Werk dieses Umfangs in der ersten Auflage wohl schwer vermeidbaren Korrekturfehlern, die aber meist als solche erkennbar waren und mittlerweile entsprechend korrigiert wurden.
Buchtipp und Rezension
Buchrezension
Alexander Werner: Carlos Kleiber. Eine Biografie
Für viele ist Carlos Kleiber einer der bedeutendsten Dirigenten des ausgehenden 20. Jahrhunderts . Zwei Bücher haben den Dirigenten bereits gewürdigt. Der Mensch Carlos Kleiber blieb bisher weitgehend im Dunkeln. Nun ist eine erste, umfangreiche, wirkliche Biographie aus der Feder des Journalisten Alexander Werner erschienen. Das Buch ist im Schott Verlag erschienen, hat 590 Seiten und kostet 29,95 Euro.
Einzelheiten von Dieter David Scholz
Ob Freischütz, Tristan, Rosenkavalier oder La Traviata. Viele seiner CDs und DVDs genießen geradezu Kultstatus. So wie Carlos Kleiber schon zu Lebzeiten zur Legende wurde. Ganz sicher ein Jahrhundertdirigent. Aufgewachsen ist mit der Bürde des Übervaters Erich Kleiber, der seinerseits einer der perfektesten und mitreißendsten Dirigenten des zurückliegenden Jahrhunderts war. Was Wunder, dass dessen Sohn Carlos sein Leben lang mit seinem Anspruch auf Perfektion rang und von Selbstzweifeln geplagt wurde.
Zurückgekehrt aus dem argentinischen Exil, in das sein Vater vor den Nazis floh, begann Carlos Kleiber nach einem abgebrochenen Chemiestudium seine dirigentische Karriere 1952 mit kürzeren Engagements in Potsdam, am Gärtnerplatz-Theater in München und an den Opernhäusern der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, in Duisburg, Zürich und Stuttgart.
Seine glücklichste Zeit war wohl die im Rheinland, so resümiert Alexander Werner. Nicht nur, weil Alberto Erede, Chef der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, ihn unter seine Fittiche nahm, er erste große Dirigate bekam und viel Repertoire lernte: Carlos Kleiber lernte in Düsseldorf auch seine Frau kennen, die Solotänzerin Stanka, die er 1961 heiratete. Seither wurde das die Bergregion in der Nähe von Ljubljana, woher seine Frau stammte, zu seiner zweiten Heimat. Dort fühlte sich der getriebene, zunächst sehr unsichere Dirigent geborgen. Mehrfach im Jahr verbrachte er dort mit seiner Frau einige Wochen. Dort ist er schließlich nach seinem Tod 2004 auch begraben worden. Er war noch einmal in sein slowenisches Domizil Konjica gefahren. Mit dem Auto. Autofahren war sein große Passion. Im CD-Player fand man sein Aufnahme der vierten Sinfonie von Brahms mit den Wiener Philharmonikern.
Es gab Jahre, in denen Carlos Kleiber kein einziges Dirigat annahm. Er war der große, scheue Außenseiter unter den Pultheroen. München hatte noch am meisten von ihm. Von 1973 bis 1988 war er ständiger Gastdirigent der Bayerischen Staatsoper München. In immerhin 260 Opernaufführungen und Konzerten stand er in München am Pult. Daneben hatte er wenige Gastauftritte in Bayreuth, an der Metropolitan Opera, der Mailänder Scala und an Covent Garden, bei den Berliner Philharmonikern, dem Bayerischen Staatsorchester und bei den Wiener Philharmonikern.
Als einer der gesuch¬testen Dirigenten überhaupt akzeptierte Carlos Kleiber jahrelang keine feste Position. Die Zahl seiner Auftritte war gering, seine offizielle Diskografie minimal. Sein Charisma aber war enorm, sein Präzisionswillen nicht minder, seine Fangemeinde gewaltig groß. Und doch blieb der Garant musikalischer Sternstunden dem klassischen Musikbetrieb immer ein Rätsel. Er hat sich weitgehend den Marktgesetzen des vorherrschenden Musikbusiness verweigert, wo nicht widersetzt.
Sein Biograf, der Journalist Chefredakteur des Magazins Standpunkte - Alexander Werner, er ist der Erste, der sich Carlos Kleiber biographisch anzunähern versucht. Er entwirft ein detailliertes Panorama von seiner Geburt bis zu seinem Tod. Er hat sich viel Mühe gemacht, sich dem großen unbekannten unter den Fixsternen am Dirigentenhimmel, über den mehr Gerüchte als Gewissheiten kursierten, anzunähern. Er hat die Lebens- und Karrierestationen Carlos Kleibers aufgelistet und mit viel Sympathie für den Dirigenten mit biographischen Details ausgeschmückt. Er hat viele seiner Weggefährten, Sänger vor allem, nach dem "Geheimnis Kleiber" befragt. Da gibt es manche Indiskretion. Etwa wenn Kleibers Auseinandersetzungen mit Sängern wie Dietrich Fisher-Dieskau oder René Kollo vor dem Leser ausgebreitet werden. Auch wird viel schmutzige Wäsche gewaschen. Man erfährt, wie cholerisch und unbeherrscht er sein konnte, wie geizig Kleiber gewesen sein soll, dass er alles Alte aufbrauchte und sammelte etc. Kurios und interessant ist das allemal. Ob´s stimmt, wer weiß? Alexander Werner hat viele Interviews ausgewertet, aber auch manche unveröffentlichten Dokumente ans Licht gezogen. Und doch - so scheint´s - verlässt er sich vielleicht etwas zu leichtfertig aufs Hörensagen, hat vielleicht etwas zu wenig eigene, kritische Recherchen und Archivstudien getrieben. Die Biographie enthält einige faktische Fehler, ist manchmal auch etwas ungenau. Dennoch, wer sich den verwinkelten Lebensweg des 1930 in Berlin geborenen, 2004 in Slowenien gestorbenen, absonderlich-genialischen Dirigenten vergegenwärtigen möchte, kann dies jetzt leichter als bisher tun, mit diesem anderthalb Kilo schweren Wälzer von Alexander Werner. Das Genie Carlos Kleiber zu erfassen, bleibt dem Hören seiner Aufnahmen vorbehalten.
SR2 Kulturradio/Après Midi 29. April 2008
Exentrischer Pultstar: Carlos Kleiber
mit Brigitte Marges
Das Porträt der Autorin über Carlos Kleiber basiert komplett auf der Kleiber-Biografie von Alexander Werner, die allerdings seltsamerweise nicht genannt wird. Später folgte noch ein Interview, dass unter "Saarländischer Rundfunk" nachzuhören ist.
WDR 3 Tonart, 11. Juli 2014
Interview mit Alexander Werner
Zum 10.Todestag von Carlos Kleiber: Geheimnisvoll und perfektionistisch
Carlos Kleiber war Perfektionist und einer der gefragtesten Dirigenten seiner Zeit. Trotzdem trat er nur selten auf. Und auch seine offizielle Diskografie ist eher kurz.
Nur ein einziges Interview mit Carlos Kleiber ist heute bekannt, das der Dirigent 1960 in Hamburg gegeben hat. Nach einem missglückten Interview soll er beschlossen haben, nie wieder für ein solches Gespräch zur Verfügung zu stehen. Ein Umstand, der auch für seinen Perfektionismus spricht.
WDR 3 TonArt spricht zum 10. Todestag mit dem Kleiber-Biografen Alexander Werner über den geheimnisvollen und gleichzeitig berühmten Dirigenten.
Moderation: Nicolas Tribes
Redaktion: Christian Schnitzler
Ein Beitrag vom 11.07.2014 aus WDR 3 TonArt
Seite WDR öffnen und
Interview hören bei WDR Tonart
ORF Österreichischer Rundfunk Ö1
13. Juli 2009
Wer war Karl Keller?:Kleiber, der Schwierige
von Christine Werba
Anmerkungen von Alexander Werner zu dem ORF-Beitrag
Die Autorin vermerkt, ich habe mich "ausschließlich auf die Aussagen von Kleiber-Zeitgenossen, Kleiber-Kollegen und Kleiber-Partner" berufen und dass mir andere Quellen verschlossen blieben. Das ist natürlich nicht richtig. Man werfe nur einen Blick mein Nachwort (2. Auflage) oder verfolge die zahllosen Hinweise im Buch auf eine Vielzahl anderer Quellen wie Briefe von Erich Kleiber, Briefe von und an Carlos Kleiber, andere mündliche oder schriftliche Zeugnisse Kleibers nebst eines Radio-Interviews desselben, Dokumente aus Archiven, Opernhäusern etc. Mehr dazu auch in meinen Beitrag zu Recherche und Methode auf dieser Homepage.
In dem Beitrag finden sich zudem diverse Fehler:
So war Carlos Kleiber keineswegs seit seiner Heirat neben München in seinem slowenischen Ferienhaus in Konjsica wohnhaft, weder in diesem Ort noch in dem Jahzehnte später aktuellen Ferienhaus, sondern wie ich darstellte lange bei der Familie seiner Frau oder er war Campen. Bis München nach Düsseldorf, Zürich und Stuttgart sein Hauptwohnsitz wurde, verging außerdem nach seiner Heirat noch mehr als ein Jahrzehnt.
Desweiteren debütierte Kleiber in Potsdam nicht 1949, als er in Zürich weilte, sondern im Februar 1955
Ebenso erschien er in Düsseldorf nicht 1958 am Pult, sondern war dort zwischen 1957 und 1960 als Korrepetitor tätig und dirigierte erstmals am Rhein 1960, in Stuttgart änderte sich zwar 1968 sein Vertrag auf eigenwillige Weise, seine Zeit als Kapellmeister war damit aber noch nicht vorbei.
Das anfängliche Pseudonym sollte sicherlich nicht bezwecken, dass die Dirigentenkarriere unbemerkt vonstatten ging. Die sollte er allein nicht unter der Last des großen Namens beginnen. Und diese Karriere nahm keineswegs gegen den Willen des Vaters seinen Anfang, sondern ab 1950 von diesem gefördert und aufmerksam begleitet.
Carlos Kleiber ist nicht wie angegeben in Buenos Aires aufgewachsen, sondern in Berlin, Österreich, der Schweiz, dann ab 1940 nach einer Stippvisite in Buenos Aires in Chile mit späteren Stationen in Kuba und New York, bis er dann zwischen 1949 und 1953 in Buenos Aires lebte.
Die Autorin resümiert "Ein Marketing-Credo nach dem Prinzip: Rarität bedeutet Wertsteigerung." Eine Bemerkung, die gewiss mit Kleibers Denken und Intentionen nichts zu tun hatte.
Dass Kleibers Mutter Slowenin sei, wurde nicht gelegentlich kolportiert, sondern war eine Falschmeldung der slowenischen Nachrichtenagentur nach Kleibers Tod, die von sehr vielen deutschsprachigen Medien in Nachrufen übernommen wurde.