Carlos Kleiber Homepage - Alexander Werner
Das geplagte Genie
Die Lange Nacht über den
Dirigenten Carlos Kleiber
Autorin Julia Spinola
Regie: Heike Tauch
Redaktion: Dr. Monika Künzel
Erzählerin Bettina Kurth
Sendetermine: 4. Juli 2020 Deutschlandfunk Kultur
4./5. Juli 2020 Deutschlandfunk
Leider erhielt ich kein mp3 von der Sendung. Was aber insofern nicht tragisch ist, weil mich diese Sendung enttäuschte. Von meinem sehr langen Gespräch mit der Autorin ist fast nichts vorhanden.
Auch einige Details sind ärgerlich.
Jens Malte Fischer setzt sich da mit Mahler auseinander und sagt zu Kleiber:
"Es ist mir nicht bekannt, warum er mit Mahler nichts
anfangen konnte offensichtlich. Darüber sagt auch die Biografie nichts von Alexander
Werner. Ich bedauere das."
Ich habe den Auttritt von Kleiber bei den Wiener Festwochen 1967 ein komplettes Kapitel gewidmet und das Thema eingehend diskutiert. Kleiber konnte sehr wohl etwas Mahler anfangen. Die Aufnahme beweist, wie modern und kongenial Mahler dirigierte in einer Zeit, in der die Kollegen nichts wirklich damit anfangen konnten. Die Kritiken an Kleibers Konzert zeigen auch, dass es nicht nur Kollegen so ging. Ein Ansporn Mahler nochmal aufzugreifen, war das sicher nicht. Zum anderen hätte Herr Fischer mein Buch lesen sollen. Kleiber hat bei seiner Werkauswahl gewisse Prinzipien verfolgt. Das hatte ausch schon ganz früh den Hintergrund, das Volumen des Repertoires in Grenzen zu halten. Mahler und Bruckner gehört da wie bei seinem Vater Erich Kleiber nicht wirklich dazu. Eine Parallele zu Toscanini, der in der Linie beider liegt. Was aber nicht bedeutet, dass Kleiber mit Mahler nix anfangen konnte. Die Vorgensweise beim Sender kann ich unter qualitativen Gesichtspunkten nicht nachvollziehen.
Bedauerlich ist zudem sehr, dass ich wegen der neuen Rechtslage keine Möglichkeit mehr hatte, die einzige gute Tonquelle des Konzerts von "Lied von der Erde" zu veröffentlichen. Wie ich an anderer Stelle hier vermerkte, bekam ich eine originale Kopie des Rundfunkmitschnitts, die Carlos Kleiber einem guten Bekannten zukommen ließ. Dazu war es Stereo. Der Klang macht die Qualität der Deutung noch viel deutlicher oder besser gesagt, er so richtg deutlich. Ich hatte vor Jahren auf Wunsch des damaligen Archivars und Musikers der Wiener Sinfoniker eine Kopie geschickt. Das Orchester aber brachte einen der klangschlechten Bootlegversionen auf den Markt, Auf Rückfrage hieß es, man sei damit zufrieden und wisse von einer anderen Quelle nichts.
Zu der Sendung im Netz
Das Sendemanuskript ist dort auch als pdf im Download erhältlich
BR 4 Klassik 28. Februar 2008
Alexander Werner: Carlos Kleiber. Eine Biografie
Rezension: Dr. Dieter David Scholz
Siehe auch mp3 SWR 2
Anmerkung zur Rezension von Dieter David Scholz
Nun mögen Menschen so manche Aussage recht unterschiedlich einschätzen, von "Indiskretionen" oder gar "schmutziger Wäsche" zu reden, erscheint mir jedoch als kaum angemessen.
Aufs "Hörensagen" habe ich mich daneben keineswegs "vielleicht leichtfertig" verlassen, sondern Aussagen verglichen und hinterfragt. Ebenso denke ich, dass ich keineswegs "vielleicht" zu "wenig eigene, kritische Recherchen und Archivstudien" "getrieben" habe. Sicherlich gäbe und gibt es immer wieder Ergänzendes und Neues zu entdecken, was ich seit der Buchveröffentlichung immer wieder versuche.
Mit "einigen faktischen Fehlern" meinte der Rezensent offensichtlich einige bei einem Werk dieses Umfangs in der ersten Auflage wohl schwer vermeidbaren Korrekturfehlern, die aber meist als solche erkennbar waren und mittlerweile entsprechend korrigiert wurden.
Buchtipp und Rezension
Buchrezension
Alexander Werner: Carlos Kleiber. Eine Biografie
Für viele ist Carlos Kleiber einer der bedeutendsten Dirigenten des ausgehenden 20. Jahrhunderts . Zwei Bücher haben den Dirigenten bereits gewürdigt. Der Mensch Carlos Kleiber blieb bisher weitgehend im Dunkeln. Nun ist eine erste, umfangreiche, wirkliche Biographie aus der Feder des Journalisten Alexander Werner erschienen. Das Buch ist im Schott Verlag erschienen, hat 590 Seiten und kostet 29,95 Euro.
Einzelheiten von Dieter David Scholz
Ob Freischütz, Tristan, Rosenkavalier oder La Traviata. Viele seiner CDs und DVDs genießen geradezu Kultstatus. So wie Carlos Kleiber schon zu Lebzeiten zur Legende wurde. Ganz sicher ein Jahrhundertdirigent. Aufgewachsen ist mit der Bürde des Übervaters Erich Kleiber, der seinerseits einer der perfektesten und mitreißendsten Dirigenten des zurückliegenden Jahrhunderts war. Was Wunder, dass dessen Sohn Carlos sein Leben lang mit seinem Anspruch auf Perfektion rang und von Selbstzweifeln geplagt wurde.
Zurückgekehrt aus dem argentinischen Exil, in das sein Vater vor den Nazis floh, begann Carlos Kleiber nach einem abgebrochenen Chemiestudium seine dirigentische Karriere 1952 mit kürzeren Engagements in Potsdam, am Gärtnerplatz-Theater in München und an den Opernhäusern der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, in Duisburg, Zürich und Stuttgart.
Seine glücklichste Zeit war wohl die im Rheinland, so resümiert Alexander Werner. Nicht nur, weil Alberto Erede, Chef der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, ihn unter seine Fittiche nahm, er erste große Dirigate bekam und viel Repertoire lernte: Carlos Kleiber lernte in Düsseldorf auch seine Frau kennen, die Solotänzerin Stanka, die er 1961 heiratete. Seither wurde das die Bergregion in der Nähe von Ljubljana, woher seine Frau stammte, zu seiner zweiten Heimat. Dort fühlte sich der getriebene, zunächst sehr unsichere Dirigent geborgen. Mehrfach im Jahr verbrachte er dort mit seiner Frau einige Wochen. Dort ist er schließlich nach seinem Tod 2004 auch begraben worden. Er war noch einmal in sein slowenisches Domizil Konjica gefahren. Mit dem Auto. Autofahren war sein große Passion. Im CD-Player fand man sein Aufnahme der vierten Sinfonie von Brahms mit den Wiener Philharmonikern.
Es gab Jahre, in denen Carlos Kleiber kein einziges Dirigat annahm. Er war der große, scheue Außenseiter unter den Pultheroen. München hatte noch am meisten von ihm. Von 1973 bis 1988 war er ständiger Gastdirigent der Bayerischen Staatsoper München. In immerhin 260 Opernaufführungen und Konzerten stand er in München am Pult. Daneben hatte er wenige Gastauftritte in Bayreuth, an der Metropolitan Opera, der Mailänder Scala und an Covent Garden, bei den Berliner Philharmonikern, dem Bayerischen Staatsorchester und bei den Wiener Philharmonikern.
Als einer der gesuch¬testen Dirigenten überhaupt akzeptierte Carlos Kleiber jahrelang keine feste Position. Die Zahl seiner Auftritte war gering, seine offizielle Diskografie minimal. Sein Charisma aber war enorm, sein Präzisionswillen nicht minder, seine Fangemeinde gewaltig groß. Und doch blieb der Garant musikalischer Sternstunden dem klassischen Musikbetrieb immer ein Rätsel. Er hat sich weitgehend den Marktgesetzen des vorherrschenden Musikbusiness verweigert, wo nicht widersetzt.
Sein Biograf, der Journalist Chefredakteur des Magazins Standpunkte - Alexander Werner, er ist der Erste, der sich Carlos Kleiber biographisch anzunähern versucht. Er entwirft ein detailliertes Panorama von seiner Geburt bis zu seinem Tod. Er hat sich viel Mühe gemacht, sich dem großen unbekannten unter den Fixsternen am Dirigentenhimmel, über den mehr Gerüchte als Gewissheiten kursierten, anzunähern. Er hat die Lebens- und Karrierestationen Carlos Kleibers aufgelistet und mit viel Sympathie für den Dirigenten mit biographischen Details ausgeschmückt. Er hat viele seiner Weggefährten, Sänger vor allem, nach dem "Geheimnis Kleiber" befragt. Da gibt es manche Indiskretion. Etwa wenn Kleibers Auseinandersetzungen mit Sängern wie Dietrich Fisher-Dieskau oder René Kollo vor dem Leser ausgebreitet werden. Auch wird viel schmutzige Wäsche gewaschen. Man erfährt, wie cholerisch und unbeherrscht er sein konnte, wie geizig Kleiber gewesen sein soll, dass er alles Alte aufbrauchte und sammelte etc. Kurios und interessant ist das allemal. Ob´s stimmt, wer weiß? Alexander Werner hat viele Interviews ausgewertet, aber auch manche unveröffentlichten Dokumente ans Licht gezogen. Und doch - so scheint´s - verlässt er sich vielleicht etwas zu leichtfertig aufs Hörensagen, hat vielleicht etwas zu wenig eigene, kritische Recherchen und Archivstudien getrieben. Die Biographie enthält einige faktische Fehler, ist manchmal auch etwas ungenau. Dennoch, wer sich den verwinkelten Lebensweg des 1930 in Berlin geborenen, 2004 in Slowenien gestorbenen, absonderlich-genialischen Dirigenten vergegenwärtigen möchte, kann dies jetzt leichter als bisher tun, mit diesem anderthalb Kilo schweren Wälzer von Alexander Werner. Das Genie Carlos Kleiber zu erfassen, bleibt dem Hören seiner Aufnahmen vorbehalten.
SWR 2/Musikstunde
mit Rainer Damm
Beitrag über Carlos Kleiber am 3. September 2010, 9.05 Uhr in:
Die Kunst zu wissen, wann man das Orchester nicht stören darf
Fünf Porträts im Dirigentenlexikon von A bis O
Das Porträt über Carlos Kleiber basiert teilweise auf der Kleiber-Biografie von Alexander Werner, was in der Sendung allerdings - offenbar versehentlich - weder im Beitrag noch im Abspann dokumentiert wurde.
Aus diesem Grund wurde nachträglich in das öffentlich zugängliche Manuskript folgende Passage eingefügt:
"Allen an Carlos Kleiber interessierten Hörerinnen und Hörern sei die vorbildlich dokumentierte und flüssig zu lesende Monographie von Alexander Werner empfohlen. Sie ist vor kurzem in zweiter Auflage als Taschenbuch - im Schott Verlag Mainz erschienen - DAS Standardwerk zu Carlos Kleiber. Hier sind auch die in dieser Sendung auszugsweise zitierten Interviews mit Ingrid Bjoner, Brigitte Fassbänder und anderen Zeitzeugen vollständig abgedruckt."
Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass die zweite Auflage bereits 2009 erschien, die im Juli 2010 anlässlich des 80. Geburtstags veröffentlichte Paperback-Ausgabe wurde nochmals bearbeitet (siehe Broschur-Ausgabe).
Das Manuskript der Sendung können Sie hier als pdf einsehen.
Die Sendung zum Nachhören
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Der Beitrag wurde am 7. Februar 2011 auf RBB Kulturradio 20.04 - 21.00 unter "Carlos Kleiber als Operndirigent" in einer neuen, deutlich umgearbeiteten Version mit Hinweis auf meine Kleiber-Biografie gesendet
SWR 2
Thema Musik
Carlos Kleiber
Leben und Legende
Von Eric Schulz
Am 11. Juli 2004 setzte sich Carlos Kleiber in seinen Wagen und fuhr von München über die Alpen zu seinem Ferienhaus ins abgelegene slowenische Bergdorf Konjsica. Dort schrieb er einen letzten Brief, mit dem er sich einem Freund gegenüber von der Welt verabschiedete. Nur wenig später fand man den in letzter Zeit zunehmend von Krankheit und Leiden gezeichneten Dirigenten tot auf.
Im Juli 2010 wäre Carlos Kleiber 80 Jahre alt geworden. Eric Schulz begibt sich auf die Spuren von Kleibers letzter Reise und zeichnet dabei das Leben des ebenso schwierigen wie genialen Dirigenten nach - mit Hilfe von Erinnerungen enger Freunde und Wegbegleiter und anhand rarer Archivaufnahmen.
Sendetermine:
22.07.2010, 15.05 Uhr, SWR2 Thema Musik, SWR2
Zum Nachhören als mp3 in vier Teilen:
Mit dem Autor Eric Schulz pflegte ich im Vorfeld der Sendung regen Kontakt bei der Vorbereitung seines Films "Carlos Kleiber - Spuren ins Nichts", an dem ich ebenfalls mitwirkte.
Alexander Werner, 10/2010